Making-of «RECEPTION»

Einblicke in die neue Produktion von Karl's kühne Gassenschau

«Das Wasser gibt uns wahnsinnig schöne Möglichkeiten»

Brigitt Maag und Paul Weilenmann, Gründungsmitglieder von Karl's kühne Gassenschau, im Gespräch über «RECEPTION»

6. März 2024

«RECEPTION» ist bereits eure 23. Produktion mit Karl’s kühne Gassenschau seit der Gründung. Was macht diese Neuproduktion besonders für euch?

PAUL: In dieses Stück werden wir all unsere Erfahrung einbringen und insbesondere im technischen Bereich die eigenen Grenzen nochmals ein bisschen erweitern. Es ist eine sehr bereichernde Erfahrung, das Spektakel mit den beiden neuen Mitgliedern in der künstlerischen Leitung zu entwickeln. Max Merker und Matthias Schoch bringen mit viel Herzblut eine höchst erfreuliche Ergänzung ins Team.

BRIGITT: Im Stück geht's um Abschied, ums Loslassen. Das ist ein Thema, das uns auch persönlich beschäftigt…

Das Element Wasser ist in «RECEPTION» prominent. Welche Rolle spielt es im Stück – und welche technischen Herausforderungen sind damit verbunden?

BRIGITT: Ohne Wasser kein Leben, aber zu viel Wasser bringt Tod und Zerstörung. Es kann kalt und warm sein, durchsichtig und düster, es kann uns entzücken oder ängstigen… Was will man mehr von der Grundzutat eines Bühnenbilds?

PAUL: Das Wasser gibt uns tatsächlich wahnsinnig schöne Möglichkeiten, um fantastische Bilder zu kreieren. Wir werden die Wasseroberfläche auch als «Vorhang» einsetzen, durch den die Spielfiguren und Requisiten auftauchen aber auch verschwinden können. Unsere technische Crew entwickelt eine ganze Reihe komplexer mechanischer Spielereien, die auch unter Wasser funktionieren müssen. 

Auf der Bühne stehen neben bekannten Gassenschau-Gesichtern auch einige neue. Wie findet ihr Schauspielerinnen und Schauspieler, die bereit sind, einen Sommer lang Vollgas zu geben, sich ins Wasser zu schmeissen und Stunts einzuüben?

PAUL: Wir führen recht aufwändige Castings durch. In mehreren Durchgängen arbeiten wir mit den Bewerberinnen und Bewerbern an Schauspiel, Akrobatik, Tanz und Gesang, wobei die Improvisation eine zentrale Funktion spielt. Wir wollen aus jeder Person die ureigenen Eigenheiten herausholen und so eine möglichst authentische Wirkung auf der Bühne erzielen.

BRIGITT: Uns ist wichtig, mit langem Vorlauf zu arbeiten, um sich in der Arbeit kennenlernen zu können. Die Vorproben finden über ein halbes Jahr vor der Premiere statt, wenn alle noch etwas entspannter sind. Ausserdem hat man dadurch Zeit, spezifische Fähigkeiten zu üben, sei das musikalisch, tänzerisch oder akrobatisch… Für «RECEPTION» hat beispielsweise das ganze Ensemble ein Tauch-Brevet gemacht.

Eure Stücke basieren ja nicht auf einer Vorlage, ihr startet mit einem leeren Blatt. Woher kommen die Ideen zu einem neuen Stück? Wie entsteht eine Neuproduktion von Karl’s kühne Gassenschau?

PAUL: Wir schauen uns Filme an, besuchen andere Theater, lesen Zeitungen und tauschen uns in kreativen Runden aus. In den letzten Produktionen war es vor allem Brigitt, die mit initialen Stückideen kam. Wenn mich die Geschichte dann visuell genügend inspiriert, kann es losgehen. Wir suchen früh ein möglichst vielseitiges Bühnenbild, das uns unterschiedliche Möglichkeiten gibt für spektakuläre Szenen. Aber auch die leisen Momente müssen ins Bild gesetzt werden. Aber vor allem muss es allen Lust machen. Die «Clown-Power» aus der Strassentheaterzeit haben wir nie verloren. Zum Glück!

BRIGITT: Eine neue Stückidee zu finden, ist für mich eigentlich die spannendste Zeit bei den Produktionen. Ich suche Bilder, Geschichten, Ideen – lege diese auf die «Gassenschau-Waagschale» und recherchiere dazu, versuche rauszufinden, was mich daran interessiert. Eine Stückidee muss eine gewisse Traurigkeit beinhalten, da bei uns die Komik von alleine entsteht, und auf alle Fälle sollte die Grundidee auch ein visuelles Potential aufweisen. Bei der Gassenschau kochen viele Köche mit, bis ein Stück steht, also müssen auch die Zutaten für alle inspirierend sein. An «RECEPTION» arbeiten wir seit über fünf Jahren. Umso grösser ist die Freude, dass es jetzt losgeht!

Dieses Interview hat Matthias Schoch geführt.